Richtlinie / Themenfeld: Förderung sozialer Innovationen
Handlungsfeld: Modellprojekt
Region: Cottbus
Zielgruppe: arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte junge Erwachsene
Projektzeitraum: 01.11.2019 - 31.10.2021
Ausgangssituation / Problembeschreibung:
Die Lausitz verliert in den nächsten Jahren an Beschäftigungspotenzial durch steigende Alterung der Beschäftigten, geringe Zuwanderung, dafür im Vergleich zu anderen Bundesländern eine höhere Abwanderung der Jugend. Um diesem Prozess entgegen zu wirken, ist es wichtig das verbleibende Potential zu nutzen und an die Gegebenheiten des Arbeitsmarktes der Lausitz anzupassen. Unterschiedliche Prognosen zeigen zudem, dass sich die bereits seit längerer Zeit erkennbare Tendenz zur Höherqualifizierung fortsetzen und mit einer weiteren Abnahme des Bedarfs an geringqualifizierten Arbeitskräften einhergehen wird. Es handelt sich dabei um langfristige Entwicklungsprozesse. Einfacharbeit wird auch in den kommenden Jahren ein wichtiges Arbeitsmarktsegment bleiben. Dabei werden sich die Anforderungen an Einfacharbeit weiter verändern. Es erweitern sich auch dort die Qualitäts- und Kompetenzanforderungen, da Arbeitsabläufe zunehmend mehr Flexibilität erfordern und im Zuge dessen, eine ganzheitliche Betrachtungsweise der Arbeitsprozesse immer wichtiger wird. Eine aktuelle Analyse von Stellenangeboten im Helfersegment zeigt zudem, dass Arbeitgeber*innen verstärkt auf gute Deutschkenntnisse und klassische Arbeitstugenden wie Zuverlässigkeit, Flexibilität, Sorgfalt, Genauigkeit und Teamfähigkeit achten. In diesem Zusammenhang kommt der Vermittlung von Grundkompetenzen an geringqualifizierte Langzeitarbeitslose bzw. für ihre Arbeitsmarktintegration eine entscheidende Rolle zu. Sowohl zur Verbesserung der individuellen Arbeitsmarktchancen und der sozialen Situation von Geringqualifizierten als auch mit Blick auf wachsende Fachkräftedefizite ist die Verbesserung des Qualifikationsniveaus der Zielgruppe von großer Bedeutung. Hier gilt es, möglichst frühzeitig mit erfolgreicher Schul- und Berufsausbildung anzusetzen. Oftmals passen die beruflichen Vorstellungen, die Motivation und die Einschätzung von Fähigkeiten bei jungen Menschen nicht zu den Anforderungen eines Arbeitsplatzes.
Bisher war der Jugendhilfebetrieb ein vorgegebenes Muster, das die Bedarfe des Jugendlichen nicht in seiner Gesamtheit wahrgenommen hat. Eine aktive Beteiligung der Jugendlichen wurde bisher zu wenig gefördert.
Zieldarstellung:
Unsere soziale Innovation soll zur Gestaltung der sozialen Veränderung in der Stadt Cottbus und damit zur gesellschaftlichen Entwicklung beitragen. Zentrales Ziel des Projektes ist es, durch die Kombination von gezielter berufsbezogener Beschäftigung mit entsprechenden Qualifizierungssequenzen und bedarfsorientierter sozialpädagogischer Begleitung mittelfristig, nachhaltig junge Menschen mit multiplen Vermittlungshemmnissen in den ersten Arbeits- bzw. Ausbildungsmarkt zu integrieren. Unsere soziale Innovation ist die Entwicklung und Erprobung durch die jungen Menschen ihres eigenen „Jugendhilfebetriebes“ mittels eines selbst erarbeiteten Projekt- und Handlungsplanes. Ausbilder und Sozialpädagogen agieren nur als Unterstützer ihrer eigenen, individuellen Lösung, somit erfahren die Jugendlichen eine intrinsische Motivation, welche sie an andere weitergeben können.
Am Ende des Projektzeitraumes steht nach dem Motto „Von Jugendlichen für Jugendliche“ ein Konzept für ein Unternehmen. Dieses Konzept könnte in Form eines nach neuen, erprobten Umsetzungsprinzipien gestalteten Jugendhilfebetriebes weitergeführt werden, in dem Jugendliche teilqualifiziert und/ oder ausgebildet werden.
Umsetzung / Aktivität / Lösungsansatz:
Die jungen Menschen sind unmittelbar an den Entscheidungen beteiligt und bauen ihr eigenes Unternehmen auf. Dies beginnt mit der Planung, der Vorbereitung und der Durchführung aller notwendigen Arbeitsschritte, damit das Ziel erreicht werden kann. Die zentrale Methode ist das Projektmanagement. Die teilnehmenden jungen Menschen erhalten gezielte Unterstützung von Mentoren aus Unternehmen der regionalen Wirtschaft sowie von den sozialen Akteuren der Stadt Cottbus. Die Teilnehmer erproben sich entsprechend ihrer Fähigkeiten und Neigungen in den unterschiedlichen Projektphasen und -bereichen.
Zu Beginn gründen wir ein Start-up Unternehmen. Ein Start-up zeichnet sich dadurch aus, dass die Beteiligten sehr gleichberechtigt nebeneinander arbeiten. Aufgaben sind nicht immer klar voneinander getrennt – jeder macht alles mit. Die Hierarchien sind flach. Auch ist ein Start-up durch eine Phase des Recherchierens, Testens und Probierens geprägt. Für die Phase des Start-ups nutzen wir mit den Jugendlichen die Methode des Design Thinkings, mit der sich die Teilnehmer unter Anleitung der Projektmitarbeiter einen Überblick über die Inhalte verschaffen – Was ist alles zu tun? Was benötigen wir? Wie soll unser Unternehmen aussehen? Die Herausforderung wird dabei vom Projekt vorgegeben – am Ende einen funktionierenden Betrieb erschaffen zu haben. Ausgehend davon arbeiten sich die jungen Menschen durch die einzelnen Schritte mit größtmöglicher Mitbestimmung.
Im Projekt bedeutet dies, dass die Jugendlichen eine eigene Marktanalyse durchführen, dass Vertreter von Kammern und Innungen Informationen geben. Die Jugendlichen stellen durch diese Analysen und Recherchen fest, dass das zu konzeptionierende Unternehmen beispielsweise im gastronomischen Bereich angesiedelt werden kann. Ist die Branche für den zu entwickelnden Betrieb festgelegt, geht es für die Jugendlichen darum, sich im Rahmen des Start-ups mit grundsätzlichen Anforderungen an ein Unternehmen zu beschäftigen. Gemeinsam mit dem Gründungszentrum „Zukunft Lausitz“ aus Cottbus organisieren wir ein Gründerseminar. In diesem wird den Jugendlichen Wissen rund um die Unternehmensgründung vermittelt. Im Anschluss soll das erworbene Wissen in das eigene Start-up einfließen. Das Start-up wird zu einem virtuellen Unternehmen und in Form einer virtuellen Wirtschaftssimulation (zum Beispiel: durch Nutzung des Programms „Startup Company“ oder ergänzend „Minecraft Education“) spielerisch mit allen möglichen Marktsegmenten getestet. Wobei sich „virtuell“ als Begrifflichkeit darauf bezieht, dass die Jugendlichen mit ihren Ideen und ihrem Unternehmen noch nicht am Markt bestehen müssen. Die Jugendlichen absolvieren zum einen ein Planspiel, in dem sie Unternehmensabläufe erarbeiten und simulieren können, zum anderen arbeiten wir mit Miniprojekten, in denen sich die Jugendlichen praktisch erproben und testen können. Die Miniprojekte sind dabei in unterschiedlichen Bereichen angesiedelt und tragen unmittelbar zur Weiterentwicklung des geplanten Unternehmens bei. Hier nutzen wir weitere kreative, motivationsfördernde und teambildende Methoden, da sich aus dem Kontext der Projektarbeit häufig die typischen Probleme zwischen Mitgliedern einer Projektgruppe ergeben.
Um den Prozess des Start-ups zu dokumentieren, nutzen wir unterschiedliche Softwarelösungen. Zum einen dienen diese der Dokumentation des Projektfortschrittes, zum anderen vermitteln diese Tools den Jugendlichen aber auch wichtige digitale Kompetenzen. Im Rahmen des Projektes lernen die Jugendlichen deshalb auch den Umgang mit digitalen Medien, Programmen und Apps zur digitalen Visualisierung bzw. Dokumentation von Ideen und Entwicklungsschritten. Da wir die jungen Menschen als Teil des Projektteams verstehen, führen wir die Teilnehmer auch an die Arbeit mit einer Projektmanagement-App heran. Über die Nutzung der Programme und Apps lernen die Jugendlichen, sich mit unterschiedlichen Medien vertraut zu machen und vor allem auch Wissen einzuordnen und zu prüfen.
Ergebnisse / Erfolge:
Die soziale Innovation besteht darin, dass die Jugendlichen selbst - unter Anleitung - ein Start-up-Unternehmen gründen. Die inhaltliche Ausrichtung des geplanten Jugendhilfebetriebes ist nicht vorgegeben, sondern soll mit den Jugendlichen gemeinsam zunächst virtuell und zunehmend in der Praxis entwickelt und realisiert werden. U.a. mit Hilfe durch Mentoren aus Unternehmen sollen die Jugendlichen beim Aufbau des "Real-Betriebes" unterstützt werden. Durch diesen besonderen Ansatz (Gründung und Führen eines Unternehmens) erwerben die Jugendlichen sukzessive Skills, wie Eigenverantwortung und Selbstverpflichtung und darüber hinaus durch die zunehmend praktische Arbeit qualifiziert werden.
Der offene Ansatz des Projektes gibt den Jugendlichen einen hohen Gestaltungsspielraum und sie können sich in ihrer Wirksamkeit erleben. Die Potentiale der Zielgruppe werden durch berufsbezogene Beschäftigung inkl. Qualifizierungssequenzen und bedarfsorientierter sozialpädagogischer Begleitung gefördert.
Unsere soziale Innovation zusammengefasst:
- gemeinsame Entwicklung einer Geschäftsidee mit Jugendlichen nach dem Motto: „Miteinander – Füreinander“
- zusätzlicher Anreiz durch einen in der Szene bekannten musikalischen oder sportlichen Schirmherren
- Jugendliche planen und bauen selbst ein Start-up-Unternehmen und erproben sich am regionalen Arbeitsmarkt in nachgefragten Berufsfeldern
- selbst verpflichtende, freiwillige Teilnahme am Projekt ohne Sanktionierung durch Bedarfsträger
- Begleiten des Projektes virtuell (Schnittpunkt zur Digitalisierung)
- Jugendhilfebetrieb mit neuen Ansätzen, z.B. inklusive Teilqualifizierung
- neue Form der Zusammenarbeit in der Stadt Cottbus mit vielen Kooperationspartnern
- Bekanntmachung des Projekts in der Region Cottbus: Kick-Off-Veranstaltung am 29.01.2020 - siehe auch Zeitungsartikel der Lausitzer Rundschau vom 31.01.2020 und auf facebook
Danke, dass ich euch so wichtig bin und ihr mit mir übt, damit ich eine Ausbildung machen kann.
Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW) gGmbH, Akademie Cottbus
Trägerkontakt
Frau Yvonne Bellen
Am Seegraben 21c
03051
Cottbus
T 0355 48370231
E ivonne.bellen@faw.de
https://www.faw.de/cottbus
Dieses Projekt wird durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Brandenburg gefördert.